Aus unserem Alltag ist der Begriff „Flüchtling“ nicht mehr wegzudenken. Ob in den Medien oder in der Politik – seit 2015 hat der Begriff den Diskurs rund um Fragen der Aufnahme und Versorgung von Menschen auf der Flucht in Deutschland und Europa bestimmt. Umgangssprachlich steht der Begriff für all jene Menschen, die aus Not ihre Heimat verlassen. Dabei ist der Flüchtlingsbegriff eine international festgelegte, rechtliche Kategorie, auf der auch das deutsche Asylrecht basiert.
In der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 werden „Flüchtlinge“ definiert als:
„Personen, die wegen der begründeten Angst vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung aus dem Land geflüchtete sind, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen bzw. in dem sie ihren gewöhnlichen Wohnsitz haben.“
Bereits seit einiger Zeit steht die Definition der Konvention in der Kritik. Kritisiert wird, dass der vor mehr als 50 Jahren verfasste Text die veränderten Verhältnisse in den Herkunftsstaaten, wie etwa Bürgerkriege, Naturkatastrophen oder die allgemeine Verletzung der Menschenrechte durch staatliche und nicht-staatliche Akteure nicht widerspiegelt. Für die Menschen, die in Europa einen Schutzstatus beantragen möchten, hat dies schwerwiegende Folgen.
Auch der Begriff „Flüchtling“ selbst kann problematisiert werden. Durch die Endung -ling klingt der Begriff schnell abwertend und drängt Menschen durch die Festlegung auf eine einzige Eigenschaft – ihre Flucht – in eine passive Position. Zudem kann der Begriff „Flüchtling“ nicht genderneutral verwendet werden.
Spricht denn auch etwas für den Begriff?
Auf der anderen Seite spricht sich beispielsweise ProAsyl für die Verwendung von „Flüchtling“ aus. Die Organisation argumentiert, dass der Begriff die rechtliche und historische Kontinuität von Flucht hervorhebt und somit die Erinnerung unserer eigenen kollektiven Fluchtgeschichten nach dem zweiten Weltkrieg und eine daraus resultierende Identifizierung mit Menschen auf der Flucht ermöglicht.
Geflüchtete*r – eine Alternative?
Als Alternative zu „Flüchtling“ wird häufig der Begriff „Geflüchtete*r“ vorgeschlagen. Dieser trennt klarer die rechtliche Kategorisierung von der Umgangssprache. Der Begriff vermeidet außerdem die Endung auf -ling und wirkt daher weniger festlegend, die die Flucht in die Vergangenheit verlagert wird. Jedoch muss beachtet werden, dass auch Geflüchtete*r keine Eigenbezeichnung ist.
Wie halten wir es mit dem Begriff?
Viele unserer Freiwilligen nutzen andere Begriffe. Geflüchtete*r ist einer, aber auch geflüchtete Menschen oder schutzsuchende Menschen. Wann immer wir genug Informationen über die Menschen haben, über die wir berichten, versuchen wir diese auch zu nennen (z.B. Beruf oder Interessen).
Es geht in dieser Diskussion um Menschen, das bleibt unser zentrales Anliegen, das bleibt, was wir kommunizieren wollen.
Quellen:
Beer, Veronika (2016): Flüchtling, Migrant oder Asylbewerber? Bayerischer Rundfunk.
Kersting, Daniel (2020): „Flüchtling“ – Einführung in einen umkämpften Begriff.
ProAsyl (2016): Sagt man jetzt Flüchtlinge oder Geflüchtete?
Süddeutsche Zeitung (2015): Wort des Jahres. Warum „Flüchtlinge“ abschätzig ist.
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