Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) ist der Kern europäischer Asyl- und Migrationspolitik. Ziel des Asylsystems ist es, europaweit einheitliche Verfahren in Bezug auf die Anerkennung und die Rechte von Asylbewerber*innen zu etablieren. Das Vorhaben, ein europäisches Asylsystem auf Basis der Genfer Flüchtlingskonvention zu schaffen, wurde zum ersten Mal auf dem Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der EU im Oktober 1999 in Tampere, Finnland formuliert. Dieses Ziel wurde auch in den nachfolgenden Regierungsprogrammen von Den Haag (2004) und Stockholm (2009) wiederholt. Im Juni 2013 stellte die Europäische Kommission schließlich das GEAS vor.
Das GEAS fasst zwei EU-Verordnungen, fünf EU-Richtlinien und zwei EU-Institutionen zusammen, die zumeist auch schon vor der Etablierung des gemeinsamen Asylsytems existierten. EU-Verordnungen sind unmittelbar für die Mitgliedstaaten wirksam, während Richtlinien innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden müssen.
Die EU-Verordnungen
- Die Dublin III-Verordnung ist die zentrale Säule des Europäischen Asylsystems und bestimmt die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für das Asylverfahren.
- Die Eurodac-Verordnung legt fest, dass bei der Stellung des Asylantrags die Fingerabdrücke von Asylbewerber*innen genommen und in der Eurodac-Datenbank erfasst werden müssen, um eine doppelte Antragstellung zu verhindern.
Die EU-Richtlinien
- Die Aufnahmerichtlinie definiert Mindeststandards für die Unterbringung und die Versorgung von Asylsuchenden.
- Die Asylverfahrensrichtlinie umfasst Regelungen in Bezug auf den Ablauf des Asylverfahrens.
- Die Qualifikationsrichtlinie definiert die Gründe und Voraussetzungen für die Gewährung eines internationalen Schutzstatus.
- Die Rückführungsrichtlinie legt einheitliche Mindeststandards für die Beendigung eines Aufenthalts und die Rückführung in den Herkunftsstaat fest.
- Die Massenzustromrichtlinie beinhaltet einen Mechanismus zur kurzfristigen Aufnahme einer hohen Anzahl von Schutzbedürftigen. Sie wurde bisher noch nicht angewendet.
Die EU-Institutionen
Teil des GEAS sind die beiden EU-Organisationen Frontex und EASO, das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen. Beide sollen die Kooperation der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung einer gemeinsamen Asyl- und Migrationspolitik fördern. Während Frontex verschiedene Einsätze zum Schutz der europäischen Außengrenze koordinier, unterstützt das EASO nationale Asyl- und Einwanderungsbehörden.
Durch den starken Anstieg der Einreise von schutzbedürftigen Menschen im Jahr 2015 brach das GEAS größtenteils zusammen, gravierende strukturelle Problematiken des gemeinsamen Asylsystems traten hervor und verhinderten einen verantwortungsvollen und solidarischen Umgang mit den Menschen. Auch heute, rund sechs Jahre später, hat sich daran nichts geändert.
Das GEAS in seiner jetzigen Form fördert Menschenrechtsverletzungen und unsolidarisches Verhalten in der EU. Fortbestehende Problematiken wie etwa die Überlastung der Staaten an den europäischen Außengrenzen und die daraus resultierenden Menschenrechtsverletzungen, z.B. in Form von Pushbacks oder der Unterbringung von Asylsuchenden in unmenschlichen Lagern, waren und sind das Resultat der strukturellen Schwächen und Umsetzungsprobleme des GEAS.
Quellen:
Bendel, Petra (2014): Das neue Gemeinsame Europäische Asylsystem und die Verantwortung des Europäischen Parlaments.
Europäische Kommission (2014): Das Gemeinsame Europäische Asylsystem.
Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (2017): Chancen in der Krise: Zur Zukunft der Flüchtlingspolitik in Deutschland und Europa.
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